Sprendlinger Firma ist Marktführer in Sachen Lärmschutz beim Schienenverkehr / Alleinstellungsmerkmal trotz internationaler Konkurrenz
Von Torben Schröder
SPRENDLINGEN. Neulich war Karl-Stephan Schneider im Mainzer Gonsbachtal mit dem Hund spazieren. „Ich dachte mir: Was für ein Radau“, erzählt der Geschäftsführer des Sprendlinger Unternehmens Schrey & Veit. Der Grund: Die Straßenbahn kam gerade vorbei. Und da hört Schneider besonders genau hin. Denn sein Unternehmen ist darauf spezialisiert, den Schienenverkehr leiser zu machen.
Zwei Produkte dienen diesem Zweck. „Die Frage ist: Ist es die Schiene selbst, die in Schwingung versetzt wird, oder liegt es am Rad?“, erläutert der CEO. Rad-Absorber werden beispielsweise in Frankfurt genutzt, um den innerstädtischen Schienenverkehr leiser zu machen. Im Gonsbachtal, sagt das fachkundige Ohr, sind ebenfalls die Räder der Grund. An anderen Stellen der „Mainzelbahn“ vermutet Schneider die Schienen als Lärm-Verursacher. Dort könnten dann die Schienensteg- Dämpfer zum Einsatz kommen, die das Sprendlinger Unternehmen ebenfalls entwickelt hat. 17 Mitarbeiter beschäftigt die GmbH aktuell, drei mehr als voriges Jahr noch. Je nach Auftragslage können rund ein Dutzend Zeitarbeiter für die Produktion hinzukommen. In der mittel- und langfristigen Entwicklung geht der Umsatz nach oben, Jahr für Jahr betrachtet schwankt er zwischen sieben Millionen Euro – oder auch dem Dreifachen. „Die Sensibilität wächst“, sagt Schneider. Zum einen wird der ÖPNV generell gerade politisch priorisiert, zum anderen beobachtet der Geschäftsführer ein steigendes Interesse an geräuschverträglichem Ausbau sowie immer mehr Beschwerden von Bewohnern. Die Bahn beispielsweise hat ein Programm zur Lärmverringerung aufgelegt, setzt aber weitgehend auf Lärmschutzwände.
Die wiederum kommen im Rheintal nicht infrage, um den Welterbe-Status nicht zu verlieren. Einige Kilometer der Bahntrasse statteten Schrey & Veit dort mit lärmmindernden Ergänzungen aus. „Im Prinzip sind wir in ganz Deutschland im Einsatz. Und im Ausland wachsen wir ebenfalls“, berichtet Schneider. Kommunale Stadtbetriebe wie beispielsweise in Berlin oder München zählen ebenso zu den Kunden wie die Deutsche Bahn – sowie Abnehmer auf vier Kontinenten, in Europa, den USA, Australien und Asien. „Der gesamte asiatische Raum ist unheimlich spannend für uns. Speziell im urbanen Umfeld will man die Anwohner schonen. In Australien und auch in Deutschland wird schon im Planfeststellungsverfahren mit unseren Dämpfern geplant.“
Der von Betriebssitz und Produktionsstätte im rheinhessischen Sprendlingen aus gesehen nächstgelegene Einsatzort ist allerdings am Rhein, bei Eltville. Und nicht in Mainz. „Wir haben uns damals angeboten“, blickt Schneider auf die Zeit des „Mainzelbahn“- Baus zurück. An den neuen Mainzer Straßenbahntrassen gibt es quasi seit der Fertigstellung immer wieder Kritik an Lautstärke und Vibrationen. Doch die Stadtwerke hätten kein Interesse gezeigt. Die Bereiche, in denen die Bürger-Kritik laut wurde, will Schneider demnächst mal mit dem Hund abspazieren.
„Deutschland ist unser wichtigster und größter Markt, aber wir wollen auf jeden Fall auch die Internationalisierung vorantreiben. In vielen Ländern, vor allem Schwellenländern, wird die Lärmreduzierung immer mehr zum Thema. Dort suchen wir Vertriebspartner.“ Um drei bis fünf Dezibel lasse sich, je nach Beschaffenheit vor Ort, die Lärmentwicklung dämpfen. „Wir reduzieren den Schall an der Quelle. Der Lärm entsteht zu wesentlichen Teilen durch die Vibration der Schienen, und diese wird durch unsere Dämpfer entscheidend reduziert“, sagt Schneider. Die Schienensteg-Dämpfer entfalten ab 50 bis 60 Stundenkilometern ihre volle Wirkung, die Rad-Absorber schon bei etwa der Hälfte.
„Wir arbeiten daran, dass mehr Lärm gedämpft wird“, sagt Schneider. Innovation ist der Erfolgsgarant der GmbH. Vor drei Jahrzehnten ging es los. Bald kamen U-Boote und U-Bahnen, Schnellzüge, Straßen- und Bergbahnen hinzu. Neue Produkte sind aktuell in Zulassung, auch auf breiterer Angebotspalette. „Wir gucken uns die Lage vor Ort an, messen, führen Tests im Labor durch und bringen dann die Dämpfer an die Schienen oder die Absorber an die Räder“, umschreibt Schneider das typische Vorgehen.
„Anfangs waren wir unique.“ Alleinstellungsmerkmal des Unternehmens sei noch immer, dass die Dämpfer nicht mit der Schiene verklebt werden, was die Wartung vereinfacht. Das Unternehmen schult auch Gleisarbeiter und kümmert sich weltweit um den Service. „Mittlerweile gibt es viele weitere Mitbewerber, auch aus China“, berichtet Schneider, „aber wir sind Marktführer in unserem Bereich.“
(Allgemeine Zeitung, Mainz, 15. Mai 2024)